Sunday, August 07, 2005

Das Hallenstadion als temporäre Lehrstätte des Buddhismus




Die Unterweisungen des Dalai Lama in Zürich bilden für viele den Höhepunkt seines Besuchs in der Schweiz. Die achttägige Veranstaltung ist nicht nur der erste Anlass im umgebauten Hallenstadion, sondern ist auch die bisher umfassendste Unterweisung des Dalai Lama im Westen. Am Sonntag sind Tausende nach Oerlikon gepilgert, um seiner Auslegung von buddhistischen Quellen zu lauschen.

7. August 2005, NZZ am Sonntag
Eine Prise Buddhismus gegen die innere Leere
Zum Besuch des Dalai Lama

Verkündet er es, klingt es aufregend - mit seinem Besuch in der Schweiz stillt der Dalai Lama die Sehnsüchte religionsferner Kreise.
Von Klara Obermüller

Der Dalai Lama war schon oft in der Schweiz. Doch noch nie löste sein Besuch ein solches Echo aus. Als er vor Jahren in der Zürcher Paulus-Akademie einen Vortrag hielt, füllte er dort den grossen Saal. Heute braucht er das Hallenstadion, um allen, die seinen Belehrungen lauschen wollen, Platz zu bieten. Ähnlich wie der Papst ist der Dalai Lama in jüngster Zeit zu einer Pop-Ikone geworden. Seine Auftritte sind Events, die mehr durch ihre Inszenierung bestechen als durch ihren Inhalt. Anders als beim Papst sind es beim Dalai Lama allerdings nicht in erster Linie Angehörige seiner eigenen Religion, die ihm huldigen. Bei Veranstaltungen mit dem geistlichen Oberhaupt der Tibeter prägen jene das Bild, die ihn verehren, ohne seine Lehre im Einzelnen zu kennen.

Die Bewunderung der Europäer für den Zauber östlicher Weisheiten ist nicht neu. Schon zu Beginn des letzten Jahrhunderts war ein erster Boom ausgebrochen, in dessen Gefolge sich Dichter und Intellektuelle wie Waldemar Bonsels, Hermann Graf Keyserling und Hermann Hesse zur "Morgenlandfahrt" aufmachten. Ihre Reisebeschreibungen und Tagebücher wurden Bestseller, Länder wie Indien, Nepal oder Tibet zu Projektionsflächen, in die sich ungestillte Sehnsüchte umso leichter hineinlesen liessen, je weniger man mit deren Realität in Berührung kam. Noch Jahrzehnte später sollte Hesses "Siddhartha" Jugendlichen aus den Wohlstandszentren der westlichen Welt als Wegzehrung auf ihrer Reise nach Osten dienen. Und wäre Tibet leichter zugänglich gewesen, sie hätten sich wohl auch dorthin aufgemacht, um jenes paradiesische Shangri-La zu suchen, das James Hilton schon 1933 in seinem Roman "Lost Horizon" beschworen hatte.

Es scheint, dass die Devise "ex oriente lux" immer dann an Anziehungskraft gewinnt, wenn westliche Gesellschaften im Umbruch begriffen oder in die Krise geraten sind. Dies war in der Zeit vor und nach dem Ersten Weltkrieg der Fall. Dies trifft auch heute wieder zu, da sich immer mehr Menschen enttäuscht von den Kirchen abwenden, ihr Heil in neureligiösen Bewegungen suchen oder sich ihren Glauben im Patchwork-Verfahren zusammenbasteln. Spricht man mit Leuten, die sich in diesem modernen Sinn als religiös beziehungsweise als spirituell bezeichnen, stellt man fest, dass die meisten von ihnen Mühe haben mit einem personalen Gottesbegriff, dass sie mit religiösen Institutionen nichts mehr anzufangen wissen und dass sie im Osten suchen, was ihnen im Westen abhanden gekommen ist.

Dieser Gemütslage scheint der Buddhismus auf geradezu ideale Weise entgegenzukommen. Er kennt weder Gottesbilder noch Dogmen, er gibt sich friedfertig und tolerant, und seine Botschaft von Mitgefühl, liebevoller Zuneigung und Achtsamkeit macht ihn attraktiv für all jene, die ihre Welt als immer kälter, erbarmungsloser und gewalttätiger erfahren. Dass der Buddhismus darüber hinaus eine harte Schule der Versenkung und Selbstentäusserung ist, nehmen viele wohl überhaupt nicht zur Kenntnis.

Davon sagte auch der Dalai Lama nichts, als er am Mittwoch auf dem Zürcher Münsterhof zu Tausenden von Besucherinnen und Besuchern sprach. Seine Botschaft von Frieden und Nächstenliebe war so unverbindlich und allgemein, dass jeder beliebige Rabbiner, Pfarrer oder Imam sie ebenfalls hätte vertreten können. Und doch gab es Leute, die durch die Worte des Dalai Lama zu Tränen gerührt wurden. Was war es, was sie derart bewegte? War es die Ausstrahlung des alten Mannes mit dem verschmitzten Lächeln? War es das Gemeinschaftserlebnis? Oder war es das Bewusstsein der ewig ungestillten Sehnsucht nach Sinn und Erlösung, die in den bestehenden Institutionen mit ihren starren Regelwerken und Hierarchien kaum noch Nahrung findet?

Die Begeisterung für den Dalai Lama sollte den hiesigen Kirchenvertretern eigentlich zu denken geben. Es reicht nicht, zu jammern, dass einem die Leute davonlaufen; man sollte der Modereligion Buddhismus auch etwas entgegenzusetzen haben, das die Menschen von heute anspricht und sie dem Reichtum der eigenen Tradition neu begegnen lässt. Auch das Christentum kennt die mystische Versenkung. Auch aus der Bibel lässt sich eine Theologie der Friedfertigkeit, des Mitgefühls und des achtsamen Umgangs mit der Schöpfung herleiten. Man müsste die Quellen nur sprudeln lassen und dabei auch nicht verhehlen, wie grundsätzlich sich die beiden Religionen, etwa in der Frage des Menschenbildes oder der Bedeutung des Leidens, unterscheiden.

Der Dalai Lama selbst hat seinem christlichen Publikum diesen Weg gewiesen, indem er modischer Buddhismus-Schwärmerei eine Absage erteilte und betonte, wie wichtig es sei, sich auf das Eigene zu besinnen, bevor man sich auf das Fremde einlässt. Die Lockerheit seines Auftretens ist der beste Beweis, wie Recht er damit hat.

1 Comments:

Anonymous Anonymous said...

....eine obskure Lehre, Lichtjahre entfernt von der Original-Verkündigung des Buddha, voller Schamanismus, ein Gewimmel von Göttern und Dämonen, eine parasitäre intrigante Bonzenklasse die seit Jahrhunderten per Religion ihr Volk in Dummheit hält...echt toll, das alles

7:45 PM  

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