Monday, August 22, 2005

Die abenteuerlichen Alltagsmärchen des amerikanischen Fotografen Gregory Crewdson




Bestechend schön erzählt er von den Abgründen der menschlichen Psyche: der 1962 in Brooklyn geborene Fotograf Gregory Crewdson. Mit einem Aufwand, wie ihn eigentlich nur Hollywood kennt, leuchtet er die dunkle Seite des amerikanischen Traumes aus. Nicht zufällig erinnern seine Fotografien an Filme von David Lynch. Detailbesessen inszeniert Crewdson Ängste und Sehnsüchte, die sich hinter der Vorstadtidylle verbergen.

Die Traumfabrik des Gregory Crewdson
Weit entfernt davon, Schnappschüsse zu sein, sind Gregory Crewdsons Bilder Momentaufnahmen in einem besonderen Sinn: Präzise halten sie genau jenen Augenblick fest, in dem aus dem Alltag ein Albtraum wird. Auf den Betrachter wirken sie wie ein Puzzle. Es liegt an ihm, das Vorher und Nachher zu enträtseln. Der Fotograf selbst gibt keine weiteren Hinweise. Seine Arbeiten sind ohne Titel. Die Szenarien, die er abbildet, begreift er als "Metaphern für seelische Zustände wie Angst, Panik und geheime Sehnsüchte". Bevor er auf den Auslöser seines Fotoapparates drückt (bzw. einen Kameramann darauf drücken lässt), bereitet er seine Inszenierungen minuziös vor. Seine Shootings erinnern an große Hollywoodproduktionen. Ein ganzes Heer von Bühnenbildnern, Lichttechnikern, Maskenbildnern und Statisten arbeitet für ihn, wenn er seine Visionen umsetzt. "Mein Ziel ist es, dass der Betrachter wie hypnotisiert vor meinen Fotos innehält, ohne darüber nachzudenken, wie sie entstanden sind. Licht und Schatten, das Setting, die Farben - das ist mein Handwerkszeug, um Geschichten zu erzählen."

Das Zwielicht hat es ihm besonders angetan, der Übergang zwischen Tag und Nacht, in dem sich natürliches und künstliches Licht vermischen, die "blaue Stunde", die eine ganz normale Szene mit Magie und Bedrohung auflädt. Zwischen 1998 und 2002 entstand die Serie "Twilight", für die er Einwohner und Häuser der amerikanischen Kleinstadt Lee im Westen von Massachusetts ablichtete. "Mich interessiert die Spannung zwischen Häuslichkeit und Natur, zwischen dem Normalen und dem Übersinnlichen, zwischen Künstlichkeit und Realität." Auch die Fotos aus der "Dream House"-Serie, für die er Filmstars wie Julianne Moore, Gwyneth Paltrow und William H. Macy vor die Kamera holte, zeigen die Doppelbödigkeit der Kleinbürgeridylle. Crewdson knüpft einerseits an die realistisch-dokumentarische Fotografie der großen Chronisten des "American Way of Life" wie Walker Evans, Garry Winogrand und William Eggleston an. Andererseits steht er mit seiner theatralischen Geste, seiner Einbeziehung des Fantastischen und Märchenhaften in der Traditionslinie der inszenierten Fotografie, die von Cindy Sherman entwickelt und von Jeff Wall weitergeführt wurde. Dabei bedient sich Crewdson der Populärmythen des amerikanischen Kinos und spielt mit Elementen der Horrorästhetik. Nicht zufällig erinnern seine Arbeiten an die Filme von David Lynch und den Science Fiction-Klassiker "Unheimliche Begegnung der dritten Art" von Steven Spielberg.

Gregory Crewdson wurde am 26. September 1962 als Sohn eines bekannten Psychoanalytikers in Brooklyn geboren. Nach seinem Kunststudium an der State University of New York und der Yale University machte er Anfang der 90er Jahre mit der im Studio aufgenommenen "Natural Wonder"-Serie erstmals auf sich aufmerksam. Zwischen 1995 und 1997 realisierte er sein erstes großes Freiluftprojekt "Hover", für das er Kleinstadtbewohner aus der Vogelperspektive fotografierte. Nach "Twilight" und "Dream House" entstand in den letzten Jahren die Serie "Beneath the Roses", die erstmals in dem nun erschienenen Bildband publiziert wird. Seit 1994 ist er Professor für Fotografie an der Yale University.

1 Comments:

Blogger Christa said...

War ein bisschen googeln und habe weitere Bilder von Gregory Crewdson gesehen: wahnsinn! geniale Fotos, ein Traum für jeden Hobbyfotografen ;-)

Hoffe es geht Dir gut und grüsse Dich herzlich.

8:20 AM  

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